Warum Unternehmerin Susann Wesseloh „Beton im Blut“ hat

Eigentlich hört man von Fiete nichts. Der Labradorwelpe liegt während des Gesprächs mit Susann Wesseloh entspannt unter dem Konferenztisch in ihrem Büro. Wer schon einmal einen Hund großgezogen hat, der weiß: So ruhig ist es mit den Vierbeinern nicht immer. Aber Susann Wesseloh hat Lust auf diese Herausforderung. „Meine Söhne sind jetzt 11, 15 und 17 Jahre alt und aus dem Gröbsten raus“, sagt sie – ganz so, als würde sie sich langweilen, wenn die Kinder nicht mehr so viel Aufmerksamkeit benötigen. Doch das ist mit Sicherheit nicht der Fall. Denn Susann Wesseloh kümmert sich Tag für Tag noch um 40 weitere Personen: die Angestellten ihres Unternehmens Wesseloh Bau GmbH in Schneverdingen.

Die Geschichte der Firma reicht 120 Jahre zurück. 1904 gründete ihr Urgroßvater Ernst das Unternehmen. „Allerdings war die Familie bereits Jahre zuvor im Baugeschäft tätig“, erklärt Susann Wesseloh. 1940 übernahm ihr Opa Willi den Betrieb, 1968 ihr Vater Peter – ehe sie selbst schließlich 2008 ans Ruder durfte.

(Fotos links und rechts: Andreas Tamme, Fotto mitte: Wesseloh Bau)

„Mein ursprünglicher Berufsplan war allerdings ein ganz anderer“, berichtet die 48-Jährige. Nach der Schule ging es nämlich zunächst einmal in den Schwarzwald, wo sie das Hotelfach lernen wollte. „Aber nach drei Monaten habe ich gemerkt, dass das nichts für mich ist. Also bin ich mit Sack und Pack wieder in den Norden gezogen, um in Lüneburg bei Garbersbau das Handwerk der Betonbauerin zu erlernen. Ich habe – wenn man so will – Beton im Blut“, sagt sie schmunzelnd. Anschließend absolvierte Susann Wesseloh noch eine Ausbildung zur Maurerin. Als Frau in der Männerdomäne Bau zu arbeiten, bereitete ihr nie Schwierigkeiten. „Männer sind meiner Meinung nach oft unkomplizierter als Frauen.“

Mit den beiden Lehren war ihr Bildungsweg allerdings noch nicht abgeschlossen: Von 1999 bis 2003 sattelte die Schneverdingerin ein Architekturstudium in Buxtehude drauf. Derart gerüstet stieg sie in das Familienunternehmen ein und übernahm fünf Jahre später die Geschäftsführung.

Operativ geleitet wird die Firma derzeit im Dreiergespann, unterstützt wird Wesseloh von dem technischen Leiter Stefan Strubelt und dem Prokuristen Hartwig Schwabe. „Wir profitieren sehr davon, dass eine Frau unsere Firma führt“, betont Schwabe. „Hier werden Dinge im Team gelöst. Und das in einem fairen Ton und mit Höflichkeit, was ja nicht immer der Fall ist, wenn nur Männer das Sagen haben.“

Wahrscheinlich ist genau dieser Team-Spirit der Grund dafür, dass das Unternehmen auch in der zuletzt immer komplizierteren Baubranche bestehen kann. „Entscheidungen müssen immer schneller getroffen werden, nicht überall gilt mehr die Handschlagmentalität und dann gibt es natürlich auch Themen wie den Ukrainekrieg und die daraus resultierende Baustoffknappheit. Dank unserer Mitarbeiter können wir aber auch auf Veränderungen flexibel reagieren“, erklärt Susann Wesseloh.

Ist der Baubereich trotz solcher Schwierigkeiten eine Traumbranche? Susann Wesseloh hält kurz inne und sagt: „Vielleicht trifft es das Wort Traumerfüllungsbranche etwas besser. Wenn wir beispielsweise ein Einfamilienhaus errichten, dann ist es immer wieder schön zu sehen, wie glücklich die Bauherren am Ende sind.“

Hilfreich auf ihrem Weg ist auch ihre konstante Beziehung zur Volksbank Lüneburger Heide. „Wir pflegen keine Verbindungen zu Großbanken, und das aus gutem Grund. Denn bei der VBLH haben wir einen kompetenten Ansprechpartner, der unser Unternehmen gut kennt und auch mal bei uns vorbeischaut, wenn es nötig ist.“ Die Verbindung war auch früher schon eng: Vater Peter war einst Aufsichtsratsvorsitzender der Bank. Und Susann Wesseloh saß lange ehrenamtlich im Regionalrat der VBLH.

Noch ein anderes Ehrenamt übt die Bauunternehmerin aus: Sie engagiert sich bei der Landeskirchlichen Gemeinschaft, einem kirchennahen Verein. Dort war sie unter anderem jahrelang in der Kinder- und Jugendarbeit aktiv. Ihre weiteren Hobbys? „Ich spiele gern Golf und verbringe viel Zeit mit meinen Kindern und Freunden. Und seit Neuestem natürlich auch mit meinem Hund Fiete.“

Für die Zukunft ihrer Firma plant Susann Wesseloh die Integration wichtiger Bautrends: „Zum Beispiel das nachhaltige, energieeffiziente Bauen nach dem QNG-Standard. Aber auch das Thema Förderungen haben wir auf dem Schirm, denn unser Anspruch ist es, den Bauherren alles aus einer Hand zu bieten.“ Und was ist mit dem Zukunftsthema Nachfolge? Soll einer ihrer drei Söhne die Firma in die fünfte Generation führen? „Das wäre natürlich ein Wunsch von mir, aber ich habe es damals sehr genossen, dass das bei uns nicht festgelegt war. Und genau so werde ich es auch handhaben.“

Am Ende hat sie noch einen Tipp für Frauen, die planen, ins Unternehmerinnentum einzusteigen: „Sie sollen einfach mutig vorangehen und sich nicht so viele Gedanken machen. Zunächst einmal geht es darum, in die Puschen zu kommen – für alle Probleme, die dann auftauchen, finden sich Lösungen.“

Genau diese Anpackermentalität ist es, die auch André Pannier, Regionalleiter Mittelstand bei der VBLH, an Susann Wesseloh schätzt. „Sie ist eine Geschäftsfrau im positivsten Sinne. Sie hat ein Gespür für den Markt, ergreift mutig Chancen und denkt über den Tellerrand hinaus.“ Hinzu kämen ihr hervorragendes Netzwerk und ihre Verwurzelung in der Region. Ebenso wichtig für den Erfolg seien ihr Verantwortungsbewusstsein, flache Hierarchien und die familiäre Stimmung im Unternehmen. „Die Mitarbeiterfluktuation bei Wesseloh Bau ist bemerkenswert niedrig, was natürlich gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ein großer Vorteil ist.“

Dank der „Alles aus einer Hand“-Philosophie setze das Unternehmen zudem Projekte um, für die man sonst oft Konzerne beauftragen müsse, so Pannier. „Das macht Wesseloh Bau, falls erforderlich, in Partnerschaft mit lokalen Firmen. Das gefällt uns natürlich.“ Gepaart seien diese Eigenschaften mit einem hohen Qualitätsanspruch. „Mein Eindruck ist, dass Frau Wesseloh und die VBLH ähnlich ticken. Deswegen macht diese Partnerschaft auch so viel Spaß.“