„Am Anfang dachte ich, dass wir scheitern“

Winter 2023 - Lesezeit: 4 Minuten

Eine Erfindung des Ingenieurduos Friedrich Mewis und Dirk Lehmann erspart unserem Klima jedes Jahr mehr als 100.000 Tonnen CO2. Beide erhielten dafür den Deutschen Umweltpreis. Dabei hatte es zunächst so ausgesehen, als sei die Idee nur ein Geldgrab – verrät der Unternehmer Lehmann im Gespräch mit der Volksbank.

Dirk Lehmann
Unternehmer Dirk Lehmann mit seiner Erfindung

Meine Volksbank: Herr Lehmann, Ihre Erfindung macht weltweit Furore, ist aber sehr technisch. Wie würden Sie sie einem Kind erklären?

Dirk Lehmann: Wir helfen dabei, dass Schiffe weniger Treibstoff verbrauchen. Das schaffen wir, indem wir die energieraubenden Verwirbelungen, die ein Schiffspropeller verursacht, reduzieren. Und zwar dadurch, dass wir direkt vor dem Propeller eine Verwirbelung in die entgegengesetzte Richtung erzeugen. In Summe gleicht sich das dann aus.

 

Meine Volksbank: Das klingt erst einmal recht einfach. Wieso ist vor Ihnen nicht schon längst ein großer Schiffsbaukonzern darauf gekommen?

Dirk Lehmann: Zunächst einmal möchte ich betonen, dass ich nicht der alleinige Erfinder bin. Es gab eine Arbeitsteilung. Der gedankliche Vater ist mein Freund Friedrich Mewis, deswegen trägt das System auch den Namen Mewis Duct®. Meine Rolle war es, ihm den Rücken freizuhalten, mich um die Finanzierung zu kümmern und dafür zu sorgen, dass Reedereien das Produkt am Ende auch ordern. Wieso erst ein Mittelständler aus der Süderelbe-Region kommen musste, um das zu erfinden, kann ich nur vermuten. Wahrscheinlich braucht es neben der reinen Idee auch Durchhaltevermögen. Und das fehlt den großen Konzernen ja manchmal.

„Unsere ersten Berechnungen brachten katastrophale Ergebnisse.“

Dirk Lehmann, Gesellschafter der Becker Marine Systems

Dirk Lehmann, Gesellschafter der Becker Marine Systems
Dirk Lehmann, Gesellschafter der Becker Marine Systems

 

 

„Unsere ersten Berechnungen brachten katastrophale Ergebnisse.“

Meine Volksbank: Wieso ist Durchhaltevermögen so wichtig?

Dirk Lehmann: Zu Beginn war unsere Erfindung reine Theorie. Es folgten erste Berechnungen, aber die Ergebnisse waren katastrophal. Denn statt einer Ersparnis zeigten sie einen Mehrverbrauch an. Aber wir sind drangeblieben, wir haben an das Projekt geglaubt. Und das wurde am Ende belohnt.

 

Meine Volksbank: Wie viele Schiffe nutzen den Mewis Duct® bereits?

Dirk Lehmann: Bislang sind es 1.400. Die CO2-Einsparung, die sich daraus bislang ergeben hat, summiert sich auf etwa 13 Millionen Tonnen – mehr als der jährliche Ausstoß der gesamten Hansestadt Hamburg. Das erfüllt mich mit Stolz und Freude. Denn Emissionen zu reduzieren, war schon immer mein Ziel.

„Daniel-Düsentrieb-Moment für die Schifffahrt“

Der Mewis Duct® (deutsch: Mewis-Düse) reduziert den Kraftstoffverbrauch von Seeschiffen, indem er störende Verwirbelungen beseitigt. Im Rahmen der Preisverleihung bezeichnete Alexander Bonde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, die Erfindung als „Daniel-Düsentrieb-Moment“ für die Branche. Der Mewis Duct® wird für jedes Schiff individuell konstruiert und gefertigt. Die einzelnen Finnen sind geformt wie Flugzeugtragflächen. Ein Mewis Duct® misst bis zu 9 Meter im Durchmesser und wiegt bis zu 60 Tonnen. Die Kosten für das stählerne Ausrüstungsteil amortisieren sich bereits nach einem Jahr.

Mewis Duct®

Meine Volksbank: Wieso diese Erfindung? Sind Sie ein Öko?

Dirk Lehmann: Nein, aber so wie bisher kann es ja nicht weiterlaufen. Ich gehe mit offenen Augen durchs Leben und sehe immer wieder Dinge, die nicht optimal funktionieren. Und dann packt mich der Wille, das zu verbessern. Emissionen haben es mir dabei halt besonders angetan.

Nordlicht mit Verbesserungsdrang

Dirk Lehmann wurde 1963 in Hamburg geboren. Sein Vater war Schiffbauer bei der Oelkers-Werft. „Wir waren fast jedes Wochenende im Hafen, Schiffe haben mich immer schon fasziniert“, sagt Lehmann. Nach der Schule studiert er bei der Bundeswehr Schiffsmaschinenbau. Nach der Bundeswehr arbeitet er in verschiedenen Positionen des Schiffbaus und meldet dort bereits verschiedene Patente an. 2001 kommt er zu Becker Marine Systems, einem Spezialisten für Rudertechnik. „Eigentlich nur als Interimsmanager, aber ich merkte schnell, dass ich hier gern bleiben möchte.“ Lehmann übernimmt per Management-Buy-in die Mehrheit an dem Unternehmen, die er bis 2021 behält. Dann verkauft er einen Großteil an den langjährigen Kooperationspartner Nakashima Propeller Co. aus Japan. Aktuell halten er und seine Familie einen wesentlichen Anteil an der Firma.

Lehmann hat eine Reihe von Unternehmen gegründet, darunter die Clean Logistics SE in Winsen, die einen Sattelschlepper entwickelt hat, der mit Wasserstoffantrieb fährt. Aus diesem Unternehmen ist er inzwischen allerdings ausgestiegen. Aktuell widmet sich der 59-Jährige mit seinen Firmen den Geschäftsfeldern Wasserstoff, Batteriesysteme und Flüssiggas (LNG) im Schifffahrtsbereich.

Dirk Lehmann sitzt im Aufsichtsrat der Süderelbe AG sowie im Beirat des Fraunhofer-Centers für Maritime Logistik und Dienstleistungen CML. Er ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und lebt in Winsen. In seiner Freizeit ist er begeisterter Pilot und Sammler von alten Autos.  

Dirk Lehmann

Meine Volksbank: Um den Finanzbedarf bei der Entwicklung neuer Erfindungen zu decken, benötigt man häufig eine gute Bank an seiner Seite. Muss diese die eigenen Ideen und Pläne eigentlich verstehen? Oder reicht es, wenn sie einem nur glaubt?

Dirk Lehmann: Beides ist wichtig. Und ich hatte in der Vergangenheit da nicht immer den richtigen Partner an meiner Seite. Oft bin ich nach Gesprächen enttäuscht nach Hause gefahren.

 

Meine Volksbank: Was macht die Volksbank da anders?

Dirk Lehmann: Ganz viel. Ich habe die Volksbank kennengelernt, als meine Kinder noch klein waren, und dort ein Konto eröffnet haben. Das Volksbank-Geschäft ist geprägt durch Menschlichkeit und Regionalität. Die Kundenberater sind gut vernetzt und konnten mir schon oft helfen, wenn ich schwierige Themen hatte. Dadurch wächst Vertrauen und so wird aus etwas Kleinem ganz schnell etwas Größeres. 

Mewis Duct®
Boot
Becker Marine Systems

Meine Volksbank: Wie wichtig ist für Sie selbst die Verwurzelung in der südlichen Metropolregion?

Dirk Lehmann: Es gibt gute Gründe, warum ich mich mit meinen Unternehmen in der Süderelbe-Region angesiedelt habe. Hier ziehen alle an einem Strang – über Partei-, Behörden- und Landkreisgrenzen hinweg. Auch die Banken sind ein wichtiger Bestandteil dieser Landschaft. Man muss nicht weit in die Ferne schauen, um zu erkennen, dass diese Kooperationsfähigkeit alles andere als selbstverständlich ist.

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Meine Volksbank: Noch kurz zur Gala anlässlich der Verleihung des Umweltpreises: Waren Sie eigentlich nervös, als Sie vor laufenden Kameras mit der Moderatorin Judith Rakers geplaudert haben? Und konnten Sie anschließend noch ein paar Worte mit dem Bundespräsidenten wechseln, der dort ebenfalls anwesend war?

Dirk Lehmann: Lampenfieber ist mir zum Glück unbekannt. Ich liebe es, frei zu reden. Das kommt mir auch in meiner Funktion als Vorsitzendem des Scharmbecker Erntefests immer wieder zugute. Insofern war ich ganz locker und habe den Auftritt richtig genossen. Und nach dem offiziellen Teil haben Friedrich Mewis und ich uns gleich Herrn Steinmeier geschnappt. Da konnten wir ihm dann mal erzählen, was sich unserer Meinung nach in Deutschland ändern muss, damit Erfindungen wie unsere häufiger geschehen und der Wandel zur emissionsfreien Gesellschaft vorankommt.

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